Butte de Warlencourt
Chronik 3 > 1.Weltkrieg
Butte de Warlencourt (Kreidefelsen bei Le Sars)
Der Kreidefelsen in der Stellung vor "le Sars" entpuppt sich nach langer Suche im Internet als der Butte de Warlencourt, ein alter Grabhügel neben der Strasse nach Bapaume im Nord-Osten des Dorfes Le Sars im Somme Département. Der Kreidefelsen liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Warlencourt-Eaucourt.
Der Butte war ein uralter Hügel mit einer Höhe von etwa 20 Metern und soll während der Römerzeit der Grabhügel eines gallischen Häuptlings gewesen sein (Charles Carrington, zitiert in Davidson 1990: 26). Es spielte angeblich auch eine herausragende Rolle während des Deutsch-Französischen Krieges im Jahr 1871 und war bereits 1916 von Tunneln durchzogen, bevor die deutschen Truppen es verstärkten. Als sich die Schlacht an der Somme abspielte, ermöglichte die Höhe des Fußes, diesen Sektor des Schlachtfeldes zu beherrschen, und folglich wurde es ein Hauptziel britischer Angriffe. Es kam zu erbitterten Kämpfen und schrecklichen und letztendlich vergeblichen Verlusten durch die Angreifer, da die Alliierten es bis zum deutschen Rückzug 1917 nie einnahmen und hielten.
Die Wirkung des Butte de Warlencourt auf die Gedanken seiner Angreifer zeigt deutlich mehrdeutige, anderswortige Empfindungen, die den physischen Ort und die Vorstellungskraft zu verschmelzen schienen. Charles Carrington erinnerte sich:
Dieser furchtbare Hügel, der niemals frei von dem Qualm explodierender Granaten war, wurde uns unheimlich. Er leuchtete in der Nacht weiß und schien dich anzustarren wie ein Oger in einem Märchen. . . er hat deine Träume heimgesucht.
(Zitiert in Davidson 1990: 27).
Der Butte de Warlencourt wurde anschließend von den Briten und dann von den Deutschen mit Gedenkkreuzen bedeckt, als sie ihn während ihrer Offensive im März 1918 zurückeroberten. Das deutsche Kreuz verschwand nach August 1918, als der Butte de Warlencourt zum letzten Mal von den Briten eingenommen wurde. In den Zwischenkriegsjahren geriet diese unbekannte Bedeutung in den Mittelpunkt der Wallfahrten, in denen sie erneut von alliierten Soldaten und Hinterbliebenen mit Gedenkkreuzen geschmückt wurde. 1944 wurde erneut ein deutsches Kreuz auf den Gipfel gesetzt, diesmal von Hitlers einfallenden Wehrmachtssoldaten (Coombs 1994: 101). Heute sind alle diese Kreuze verschwunden. Obwohl der Butte ein wesentlicher Bestandteil des prähistorischen und historischen Erbes der Somme (und Frankreichs) war, wurde er 1990 an die Western Front Association des Vereinigten Königreichs verkauft und trägt heute ihr offizielles Denkmal (Davidson 1990: 18).
Der Butte de Warlencourt zeigt, wie ein einzelnes Merkmal einer Schlachtfeldlandschaft viele verschiedene Bedeutungsebenen besitzen kann. Prähistorische Aspekte wurden von Schichten des industrialisierten Krieges transformiert und überlagert, und der Hügel wurde symbolisch erworben, verloren und wiedererlangt durch das Erscheinen, Verschwinden und Wiedererscheinen von Gedenkkreuzen bis zum letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, als all diese zerstörten und verjüngten Vergangenheiten bildlich dargestellt, wurden Sie wurden zusammengebündelt und an eine Organisation verkauft, deren Interessen es waren, nur eine der vielen unterschiedlichen Vergangenheiten des Buttes zu gedenken - und in gewisser Weise neu zu erfinden.
In der letzten Phase der Schlacht an der Somme 1916 war der Butte de Warlencourt Gegenstand einer Reihe von verlustreichen und erfolglosen Angriffen der Durham Light Infantery (DLI).
Der Butte de Warlencourt wurde von den Briten als "Mound of Death" bezeichnet, weil der 20 Meter hohe Butte die britischen Linien dominierte und von den Deutschen zur Artilleriebeobachtung genutzt wurde. Die Deutschen hatten Stollen in den Butte gebaut und konnten von dieser Position auch in einige britische Gräben schauen.
Bei diesem Angriff geriet der Unteroffizier Nikolaus Trieschmann aus Widdershausen in englische Gefangenschaft, er war einer der 17 Gefangenen, von denen Captain John Martin in seinem Kriegstagebuch berichtet.
Im Militärpaß von Nikolaus Trieschmann aus Widdershausen findet sich folgender Eintrag vom 16.04.1917 von seinem Kompanieführer Leutnant Sorge:
"Seit dem 30.01.1917 bei der Patrollienunternehmung des Feindes auf den Kreidefelsen (Butte de Warlencourt) in der Stellung vor "le Sars" vermisst (Lt. priv. Mitteilung in englischer Gefangenschaft).
16.04.1917, Sorge, Leutnant der Reserve und Kompanieführer"
Vom 4. bis 6. November 1917 übernahm das 1. Garde-Reserve-Regiment (Oberst von Schlechtendal) das Kommando vom sächsischen Infanterie-Regiment 179 im Frontabschnitt der Nationalstraße von Albert nach Bapaume.
In dieser Stellung spielte der im Abschnitt des Regiments 1. G.R.R. gelegene Kreidefelsen (Butte de Warlencourt) eine große Rolle. Ein merkwürdig, bienenkorbförmig, sich aus der Ebene heraushebendes Felsgebilde, das unsere Stellung bis weit ins Hintergelände beherrschte. Die Engländer haben sich immer wieder die größte Mühe gegeben, ihn in ihre Hände zu bekommen, immer wieder sind diese Versuche an der Aufmerksamkeit und der Tapferkeit der Besatzung des Kreidefelsens (Butte de Warlencourt) gescheitert. Das Feuer allerschwersten Kalibers hat während des ganzen Einsatzes des Regiments auf ihm gelegen, überhaupt war das englische Artilleriefeuer auf allen Gräben und Anmarschwegen besonders schwer. Die Gräben waren daher auch meist zerschossen und bestanden vorübergehend nur aus Schützenlöchern, und einer ungeheuren Arbeit bedurfte es, um sie immer wieder instand zu setzen. Wenn auch das Wetter nicht schlechter war, wie sonst im November üblich, so genügte es doch, um die ganze Gegend, ein zusammenhängendes Granattrichterfeld, in einen Schlammbrei zu verwandeln, und was die Artillerie in den Gräben nicht zerstört hatte, besorgte das Wasser.
Angrenzend an den Butte de Warlencourt befand sich die Kiesgrube bzw. der Steinbruch (Quarry). Die Kiesgrube war mit Unterständen ausgebaut und diente als Sammlungsraum für Angriffe, deshalb lag auch die Kiesgrube unter ständigen Artilleriebeschuß.
Angrenzend an den Butte de Warlencourt befand sich die Kiesgrube bzw. der Steinbruch (Quarry). Die Kiesgrube war mit Unterständen ausgebaut und diente als Sammlungsraum für Angriffe, deshalb lag auch die Kiesgrube unter ständigen Artilleriebeschuß.
Am Nachmittag des 06. November teilte die Brigade mit, daß die Engländer in Schützenlinien von Martinpuich aus vorgingen und die Gräben vor Le Sars sich füllten. Darauf befahl das Regiment, daß die 7. Kompanie in die vordere Linie vorrücken solle, die 1. Kompanie in die Le Barque-Stellung. Dieser Befehl wurde bei Anbruch der Dunkelheit ausgeführt. Nach einem kurzen Feuerüberfall sah man zwei Patrouillen gegen unseren linken Flügel vorgehen, in dem Schlamm und Wasser kamen sie aber nicht weit vor. Kurz darauf wurde noch eine englische Partrouille von der 8. Kompanie durch MG- und Infanteriefeuer abgewiesen.
Am frühen Morgen des 04. Dezember versuchten die Engländer einen Handstreich auf den Kreidefelsen (Butte de Warlencourt). Nach starkem Artilleriefeuer wurden englische Schützen im Vorgehen beobachtet. Durch das sofort von unserer Seite einsetzende sehr gut liegende Sperrfeuer, sowie Maschinengewehr- und Artilleriefeuer wurde dieser Angriff leicht abgewiesen.
Gegen einen möglichen Tankangriff wurde die Nationalstraße vor der ersten Stellung gesprengt. Der entstandene Trichter war von erheblichem Durchmesser, gegen Ende des Monats Dezember traten vor der Front des Regiments Schotten auf, die zum allgemeinen Erstaunen auch bei diesem scheußlichen Wetter mit nackten Beinen in dem knietiefen Schlamm herumliefen.
15 deutsche Soldaten warten mit aufgesteckten Bajonett in einem Unterstand in der Nähe vom Butte de Warlencourt, bis das englische Artilleriefeuer eingestellt wird und ein bevorstehender Angriff abzuwehren ist
Das neue Jahr brachte zunächst wenig Abwechselung in den eintönigen Grabendienst. Anfang Januar 1917 herrschte trübes Regenwetter mit viel Nebel, der keine Beobachtung zuließ und daher die Gefechtstätigkeit beiderseits sehr einschränkte. Der Zustand der Gräben verschlechterte sich infolge der ungünstigen Witterung erheblich. Gegen Mitte des Monats trat jedoch Frost ein, verbunden mit Schneefall. Die klare Sicht steigerte naturgemäß die Artillerie- und Fliegertätigkeit.
Australischer Transport entlang der Nationalstrasse in der Nähe von Le Sars, im Hintergrund die Le Sars Railway Station, die Kiesgrube (Quarry) und der Butte de Warlencourt (Kreidefelsen)
Am 30. Januar 1917 setzte 02:35 Uhr starkes Trommelfeuer aller Kaliber auf dem ganzen Abschnitt des Regiments ein, besonders starkes Feuer lag auf dem Kreidefelsen (Butte de Warlencourt), Handgranatendepot, Nationalstraße (von Albert nach Bapaume), Bataillons- und Regiments-Gefechtsstand.
Das angeforderte Vergeltungsfeuer eigener leichter und schwerer Artillerie setzte 02:50 Uhr ein und lag sehr gut.
Gleichzeitig ging eine englische Erkundungsabteilung von etwa 60 Mann mit weißlackierten Stahlhelmen und Schneehemden vor und stellte sich südlich der Kalkgrube in einem Hohlweg bereit. Kurz darauf brachen die Engländer in zwei bis drei Wellen vor. Sie wurden von der Kalkgrube aus durch Maschinengewehrfeuer niedergehalten, stießen aber östlich davon bis zum Kreidefelsen (Butte de Warlencourt) durch. Sie verwundeten die dort stehenden Posten und warfen Handgranaten gegen die herausdrängende Besatzung. Kurz darauf wurde der Unterstand im Kreidefelsen durch einen einfallenden Ofen in Brand gesetzt. Die Besatzung drang nun durch einen Notausgang ins Freie, vertrieb einige Engländer und nahm einen gefangen. Als die Stoßabteilungen der zweiten Linie zur Vertreibung der englischen Patrouille einsetzten, war diese in ihrer eigenen Linie bereits wieder verschwunden. Der Führer der 10. Kompanie, Leutnant Schubert, wurde hierbei verwundet, 1 Mann war tot, 10 verwundet und 19 vermißt. Bei den Engländern konnte 1 Offizier und 1 Mann als tot festgestellt werden, 1 Mann wurde festgenommen. Die Verluste der ersten Linie wurden sogleich ersetzt und die Linie wieder lückenlos hergestellt.
Bei diesem Angriff geriet der Unteroffizier Nikolaus Trieschmann aus Widdershausen in englische Gefangenschaft, er war einer der 19 Vermißten, von denen Brederlow in der Regimentsgeschichte berichtet.
Das englische Kommando-Unternehmen vom 30.01.1917 auf den Butte de Warlencourt wurde auch von Captain John Martin von den 8th/10th Gordon Highlanders in seinem Tagebuch beschrieben.
Frontabschnitt am Butte de Warlencourt (Ancient Tumulus) an der Albert-Bapaume-Road - mit Le Sars - ein englischer Zeitungsausschnitt aus "The Sphere" vom 18 November 1916