Wiedertäufer
Chronik 2 > Kirche
Dieser Holzschnitt aus dem 17. Jahrhundert zeigt einen Presbyterianer und eine Anabaptistin. Letztere reicht Ersterem einen abgeschnittenen Kopf. Damit geht die Darstellung mit Aussagen von Zwingli und Luther konform, die den Begriff „Täufer“ oft als Schimpfwort für alle radikalen protestantischen Gruppen benutzten.
Verbreitung der Täuferbewegung 1525-1550
Wiedertäuferbewegung (1526-1584) in Thüringen und Osthessen
Täufer, auch Anabaptisten oder Wiedertäufer, verschiedene religiöse Gruppen, deren Anhänger die Erwachsenentaufe vollzogen. Die Bewegung der Täufer entstand während der Reformation in Europa, insbesondere in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz.
Lehre und Praxis - So wie die Lutheraner und Calvinisten maßen die Täufer dem persönlichen Glauben an Gott und dem unabhängigen Urteil des einzelnen mehr Bedeutung zu als den Riten. Im Gegensatz zu den beiden erstgenannten Strömungen hielt die historische Verbindung jedoch am Grundsatz absoluter Gewaltlosigkeit fest und begab sich in Opposition zu den staatlichen Kirchen. Die Täufergemeinden setzten sich aus Gläubigen zusammen, die sich freiwillig der Taufe unterzogen hatten. Einige Gruppen wollten lokale christliche Urgemeinden bilden. Innerhalb der staatlichen Kirche herrschte demgegenüber eine hierarchische Struktur. Als Mitglieder einer Pfarrei galten all diejenigen, die innerhalb ihrer Grenzen lebten oder geboren waren. Die Täufer lehnten es überdies ab, politische Ämter zu bekleiden. Auch weigerten sie sich, Eide abzulegen. Die Kirche verfolgte sie und strafte die unbeugsamen Sünder mit dem Bann.
Geschichte - Um 1520 begannen verschiedene religiöse Führer gegen die Kirche und die sozialen Missstände in der Schweiz, in Deutschland und Österreich zu predigen, darunter Konrad Grebel, Hans Denck und Balthasar Hubmaier, die in den Bauernkriegen und in den Auseinandersetzungen mit den Habsburgern gekämpft hatten. Die als „Brüder“ oder „Schweizer Brüder“ bekannte Gruppe behauptete, das Neue Testament verneine sowohl die Kindertaufe als auch das Messopfer. Die Täufer beharrten daher auf der Erwachsenentaufe und dem Gedächtnismahl. Da sie die kirchliche Obrigkeit sowie die Autorität ziviler Institutionen in religiösen Fragen anzweifelten, beschuldigte man sie der Ketzerei und richtete sie hin.
Jakob Hutter, der Begründer der Hutterer, missionierte in Tirol. Radikale Protestanten wie Thomas Müntzer übten einen großen Einfluss auf die Täufer aus. Ein anderer, Jan Beuckelzoon oder Johannes von Leiden, ernannte sich 1534 im westfälischen Münster selbst zum König der Neu-Zionisten, die die Polygynie zuließen und in Gütergemeinschaft lebten. Die Herrschaft der Wiedertäufer endete nach einjähriger Belagerung, und Beuckelzoon wurde 1536 hingerichtet. Gleichwohl bildeten sich in ganz Europa neue Täufergemeinden unter den verschiedensten Namen. Zu den bekanntesten gehören die Mennoniten, die von dem holländischen Reformer Menno Simons gegründet wurden.
Den größten Zulauf fanden die Täufer, die eine militante Gleichheitspolitik vertraten, von Seiten der armen, ungebildeten Bauern und städtischen Handwerker. Damit zogen sie den Zorn zweier einflussreicher Gruppen auf sich, der adligen Oberschicht und der orthodoxen Oberschicht einerseits sowie der orthodoxen Reformationsführer andererseits. Diese schlossen sich gegen sie zusammen und ließen sie überall verfolgen. Zwingli, Luther und ihre Anhänger gebrauchten den Begriff „Täufer“ oft als Schimpfwort für alle radikalen protestantischen Gruppen. Die neuere Forschung bewertet die Täuferbewegung indes weitaus positiver und sieht diese als bedeutende Strömung der Reformation an. Danach handele es sich bei den Ereignissen in Münster eher um Ausnahmeerscheinungen.
Die Wiedertäuferbewegung (1526-1584) in Thüringen und Osthessen
Die religiöse Bewegung der Taufgesinnten der Reformationszeit fand im thüringisch-hessischen Grenzraum einen besonders günstigen Boden. Im Gegensatz zu den sächsischen Kurfürsten lehnte Landgraf Philipp die Todesstrafe für Gewissenstäter ab. So konnten die Wiedertäufer im mittleren Werratal leicht in den hessischen Raum ausweichen und – wenn auch von Inhaftierung bedroht – doch wenigstens ihres Lebens sicher sein.
So wurde besonders das Amt Hausbreitenbach als thüringisch-hessisches Kondominium ein Sammlungsraum der Wiedertäufer in den Dörfern Fernbreitenbach, Hausbreitenbach, Herda und Wünschensuhl.
Aber auch im Werratal selbst, oberhalb von Vacha (Dorndorf) und besonders aber werraabwärts (Röhrigshof, Heimboldshausen, Widdershausen , Dippach, Berka) und in den Seitentälern des Ostens (Springen) und des Westens (Unterbreizbach, Schenklengsfeld, Friedewald) bekannten sich Einwohner zu den Täufern.
In den persönlichen Aufzeichnungen (eigenhändiger Notizzettel) des Landgrafen Philipp vom April 1543 finden wir unter dem Unterpunkt Josten Winter:
Das die oberkeit am meisten in gotslesterungen leigen.
Zu Bercka die wiederteuferin uf Monsterichse.
Weitershausen (Widershausen) etliche teufer.
Braunshausen ein widerteufer.
Der Landgraf wollte unter anderem auf der Synode in ??? mit dem zuständigen Dekan und Superintendenten von Rotenburg Jost (Justus, Jodocus) Winter über die Wiedertäufer in Widdershausen und Berka reden.
Am 17. April 1543 schreibt der Landgraf an den Vogt zu Berka „Hensel Korn“ zum Thema Wiedertäuferin in Berka.
Ein entsprechendes Schreiben wegen eines Wiedertäufers zu Weittershausen (Widdershausen) ergeht am gleichen Tag an den Rentmeister zu Rotenburg „Konrad Schwarz“ samt Schultheiß und Landknecht daselbst.
Quellen:
Franz,Günther und Franz, Eckhart G.: Urkundliche Quellen zur hessischen Reformationsgeschichte 1525-1547, 2. Band, S. 400, 1954 (auch Band 4, Nummer 114).
Küther, Waldemar: Vacha und sein Servitenkloster im Mittelalter, Mitteldeutsche Forschungen, Band 64, Seite 154, 1971
Franz, Günther; Köhler, W.; Sohm, W. und Sippell, Th.: Wiedertäuferakten 1527 -1626 (Urkundliche Quellen zur hessischen Reformationsgeschichte, 1951, 4. Band, Seite 283)