Dreschmaschine - Widdershausen aktuelles Projekt

Chronik Widdershausen
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Dreschmaschine

Chronik 2 > Landwirtschaft
Dreschgenossenschaft, Dreschmaschine und der Dreschschuppen

Nicht immer erfolgte die Einführung segensreicher Erfindungen auf friedlichem Weg. So kam es 1830/31 in England zu einem Aufstand der Landarbeiter, dem über 400 Dreschmaschinen zum Opfer fielen. Der Unmut der Drescher hatte sich in einem Maschinensturm gegen jene Maschinenart entladen, die ihnen die Winterarbeit raubte. Dem zumeist von Veteranen aus den napoleonischen Kriegen getragenen Aufruhr blieb freilich der Erfolg verwehrt: 19 Aufrührer wurden hingerichtet, 481 als Gefangene nach Australien transportiert.
Der Widdershäuser Dreschschuppen an der Dankmarshäuser Strasse, es drischt gerade mit der kleinen Dreschmaschine (ca. 1965) Willi Ruch (1914-2000) aus der Werrastrasse/Gänsegasse. Seine Frau Frieda steht an der Abfüllstelle und befüllt die Getreidesäcke (Photo: Pfarrer H.-G- Kirchner)
Ende des 18. Jahrhunderts baute der Schotte Andrew Meikle die erste brauchbare Dreschmaschine nach dem sogenannten Schlagleistenprinzip, bei dem das Korn durch auf der Dreschtrommel angebrachter Leisten aus den Ähren geschlagen wird, eine Technik, die übrigens noch bei den heutigen Mähdreschern Anwendung findet. Der von dem Amerikaner Samuel Turner erfundene 1831 erfundene Stiftendrescher arbeitete zwar effektiver, beschädigte jedoch in größerem Umfange die Körner. Während man erstere als Breitdrescher bezeichnet (die Garben werden parallel zur Trommel eingelegt), spricht man bei Stiftendreschern von Langdreschern, d. h. das Getreide wird im rechten Winkel der Trommel zugeführt.
Kurt Ruch (1924-2011) mit seinem Hanomag R435 Traktor mit Leiterwagen beim Heimfahren der ungedroschenen Getreidegarben von der Rüttelsburg um 1965 (Photo: Pfarrer H.-G. Kirchner)
Bis zu dieser Zeit musste aber noch immer buchstäblich die Spreu vom Weizen mittels Windfege oder dergleichen getrennt werden, bis 1834 den amerikanischen Brüdern Pitt der große Wurf gelang: Drusch und Körnerreinigung fanden nun in einer Maschine statt. Die ersten Dreschmaschinen wurden von Hand angetrieben. Diese Arbeit war sehr anstrengend, weshalb man sie mancherorts auch als "Schinderhannes" bezeichnete. Größere Anforderungen an Leistung und Qualität machten schon bald eine andere Antriebsart erforderlich. Wieder waren es die Engländer, die auf ihren großen Gütern den Göpel als Kraftmaschine einsetzten. Damit wurde auch die für eine einwandfreie Arbeit erforderliche Trommeldrehzahl von ca. 1000 Umdrehungen pro Minute erreicht. In Deutschland fand diese Technik gelegentlich noch bis in die 1920er Jahre Anwendung (bekanntester Hersteller von Göpeln war übrigens Heinrich Lanz/Mannheim).
Eine große Dreschmaschine mit Transmissionsantrieb, nicht in einer Scheune, sondern auf dem Dreschplatz. Dies hatte den Nachteil, dass die Getreidegarben nochmals aus der Scheune zum Dreschplatz gefahren werden mussten. Rechts der Motorwagen mit Elektromotor.
Richard Günter war viele Jahre Hausmetzger bei Hausschlachtungen und Dreschmaschinen-Maschinist in Widdershausen

Schon früh haben wiederum die Engländer mit "Dampf" experimentiert. So ließ sich W. Lester eine fahrbare Dampfdreschmaschine patentieren. Doch die Unruhen in den folgenden 30er Jahre hemmten diese Entwicklung zwar ganz erheblich, konnten sie jedoch insgesamt nicht aufhalten. Mit dem Bau größerer Maschinen war diese Antriebsart solange unentbehrlich geworden, bis sie schließlich von anderen, wie Elektro- bzw. Verbrennungsmotoren, zu Anfang dieses Jahrhunderts abgelöst wurde.

Von nun an konnte im Herbst, direkt nach der Ernte, bis spät in den Abend hinein, im Dreschschuppen, gedroschen werden. So hatte man das notwendige Wintersaatgut und konnte Mehl zur eigenen Brotherstellung mahlen lassen. Bei den "dickeren Bauern" wurde erst im Spätherbst oder im Winter vor oder in deren Scheune gedroschen. Ein solcher Dreschtag begann bereits um fünf Uhr früh mit dem Anheizen der Dampfmaschine. Das dazu notwendige Brennholz mussten die Bauern selbst beschaffen. Ab sieben Uhr konnte dann gedroschen werden.
Dreschmaschine in einer Scheune/Tenne in Kerspenhausen angetrieben durch einen Motorwagen mit Elektromotor über eine Transmission, ganz links ein Moped vom Typ DKW Hummel aus 1956.
Damit alle Arbeiten: Getreide von der Tenne herunter stoßen, Garben auf die Dreschmaschine werfen, aufschneiden der Garben, auseinanderziehen und in die Dreschmaschine geben, ungebundenes Stroh aufnehmen, binden und stapeln, Spreu wegschaffen, volle Getreidesäcke abnehmen und auf den Speicher tragen, zügig erledigt werden konnten, waren bis zu fünfzehn Helfer nötig. Die Säcke mit den Körnern wurden damals mühselig auf dem Rücken ins Haus, oft über schlecht begehbare Treppen, hinauf zum Körnerboden getragen.
Auch in Widdershausen gab es den baugleichen Motorwagen mit Elektromotor für den Transmissionsantrieb der Dreschmaschine. Dieser Motorwagen stand in der Brückengasse immer unter dem Strommasten der Oberleitung vor dem Wohnhaus der Familie Georg Trieschmann (1909-1987).
Der Motorwagen mit Elektromotor für die Dreschmaschine wurde natürlich mit Starkstrom betrieben. Da die meisten Haushalte noch keinen Starkstromanschluß hatten, wurde der Motorwagen direkt am Strommasten der Oberleitung angeschlossen.
 
Nicht zu vergessen sind die Frauen, die die ganze Arbeiterschar mit gutem, nahrhaftem Essen versorgten und so bei Kräften und guter Laune hielten.
 Jahre später (1950) wurde Maschine und Presse zusammengebaut und mit einem Elektromotor angetrieben, der in einem Beiwagen aus Holz montiert war. Mit dem Körnergebläse begann eine weitere Erleichterung. Die Frucht konnte durch Rohre von der Maschine aus direkt auf die dafür vorgesehene Stelle geblasen werden - wieder ein Fortschritt. Wo die Dreschmaschine war, kamen die Kinder hin und freuten sich über ein Stück Streuselkuchen, dieser musste aber oftmals als Beobachter des einlaufenden Getreides durch das Körnergebläse verdient werden - ein schöner Brauch im Dorf.
Eine große Dreschmaschine beim Scheunendrusch, es fehlt die Sackabfüllanlage, diese wurde ersetzt durch ein Körnergebläse, hierdurch entfällt das mühevolle Tragen der Getreidesäcke auf dem Rücken zum Getreideboden.
 Die bis zu 6 Tonnen schwere Dreschmaschine konnte nur unter großer Kraftanstrengung von Mensch und Tier transportiert werden. Nach und nach wurde die Arbeit an und mit der Dreschmaschine durch technische Verbesserungen erleichtert. Ab Mitte der 30er Jahre wurde das bis dahin ungebundene Stroh mittels einer Strohpresse, die fest mit der Dreschmaschine verbunden war, zu Ballen gepresst und durch je zwei Sisalseile gebunden. Ab ca. 1940 erfolgte der Antrieb elektrisch. Als Stromquelle dienten zeitweise Freileitungen, die mit Hilfe von Stangen, die zum Erreichen der Stromleitungen dienten, angezapft wurden. Dank all dieser Verbesserungen konnten die anfallenden Arbeiten nun von weniger Helfern bewältigt werden.
 
In vielen Dörfern schlossen sich die landwirtschaftlichen Betriebe in Dreschgenossenschaften zusammen um sich gemeinsam grössere Dreschmaschinen anschaffen zu können.
 
Ab ca. 1960 kauften sich die ersten Landwirte eigene Mähdrescher und waren so nicht mehr auf die Dreschmaschine angewiesen.
So kann es gehen, wenn man nicht mehr gebraucht wird: Das Ende einer Dreschmaschine. Verbrennen der Dreschmaschine in Hattenbach 1970er Jahre.
Diese ausgemusterte Dreschmaschine wurde auf einem Feldrain abgestellt und dient jetzt als beeindruckende Fotokulisse.
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