Notstandsarbeiten
Dorfleben
Notstandarbeiten
In der Weimarer Republik wurden Notstandarbeiten massiv zur Unterstützung und zur vermeintlichen schnellen Überwindung der Massenarbeitslosigkeit und der wirtschaftlichen Not eingesetzt. Die Einsatzfelder schufen einen staatlichen Ersatzarbeitsmarkt für große Bau- und Infrastrukturpläne. Allerdings handelte es sich nach heutigem Verständnis auch um gemeinwohlorientierte Arbeit, die primär von öffentlicher Seite durch Kreditaufnahme finanziert wurde.
Notstandsarbeiten in Widdershausen 1931 - Es wurde versucht einen Sportplatz am Steinbruch im Heergraben anzulegen, der Versuch scheiterte und wurde abgebrochen. Im Sandstein rechts wurde F.A.D. und W. eingraviert für Freiwilliger Arbeitsdienst Widdershausen.
Notstandsarbeiten sollten zu dieser Zeit den Anschein erwecken, der Staat bringe seine Bevölkerung wieder in "Lohn und Brot". Rhytmus und Organisation, dem diese Arbeiten unterlagen, ähnelten sehr dem militärischen Drill, was besonders bei ehemaligen Frontsoldaten des Ersten Weltkrieges auf ein positives Echo stieß. Dabei sollte gleichzeitig innerhalb der sogenannten "Volksgemeinschaft" ein interner Druck und eine Erwartungshaltung aufgebaut werden: Wer als Einzelner sich diesem Rhytmus und Muster, welche auch im sozialen Umfeld dominierend war, nicht anpasst und nicht seinen Beitrag in Form von Arbeit leistet, gilt als außenstehend oder gar "arbeitsscheu".
Reichsbannerleute des Freiwilligen Arbeitsdienstes bei Erdarbeiten an der Talsperre Lehnmühle, 1931
Die Notstandsarbeiten waren eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme auf kommunaler Ebene und der Freiwillige Arbeitsdienst (FAD) eine übergeordnete Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Die Wurzeln des FAD lagen in der ersten Nachkriegszeit, als die Forderung nach einem „Ersatz für die verloren gegangene Erziehungsschule des Heeres“ erhoben wurde.
Politischen Nachdruck erhielt dieser Gedanke jedoch erst durch die immense Zunahme der Arbeitslosigkeit nach 1929. Die Rechtsparteien, darunter die NSDAP, hatten seit Beginn der Weltwirtschaftskrise nachdrücklich eine Arbeitsdienstpflicht gefordert; der FAD war somit ein politisches Zugeständnis der Regierung des Reichskanzlers Heinrich Brüning an die Rechte.
Quellen:
Johannes Steffen, Notstandsarbeit Fürsorgearbeit Pflichtarbeit Freiwilliger Arbeitsdienst, Die öffentlich geförderte bzw. erzwungene Beschäftigung in der Weimarer Republik - 1918/19 bis 1932/33, Bremen, Juni 1994
Robert Wycislo, Öffentlich geförderte Beschäftigung als Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik in den Bundesländern, ISBN: 978-3-643-12906-2, Reihe: Zweiter / Inklusiver Arbeitsmarkt , Bd. 11, 2015
HStAM Bestand 180 Hersfeld Nr. A 3374, Geplante Notstandsarbeiten in den Gemeinden des Kreises Hersfeld im Rechnungsjahr 1931