Luftangriff 1944
Chronik 3 > 2.Weltkrieg
Luftangriff auf Dippach am 4. Dezember 1944
Nach dem Luftkampf im September 1944 war das Werratal am 4. Dezember 1944 wieder von militärischen Aktionen der amerikanischen Luftwaffe betroffen. Fraglich war das Ziel der Angriffe, möglicherweise galten sie dem Eisenbahntunnel nahe Hönebach der schon am 10.10.1941 von einem britischen Flugzeug mit 4 Bomben angegriffen wurde, eine Bombe fiel unmittelbar vor den Tunneleingang und zerstörte die Gleise. Ein weiteres Ziel könnte die sogenannte Heeresmunitionsanstalt in Dippach (Werk Alexandershall) gewesen sein. Neueste Recherchen in Archivunterlagen der US-Airforce nennen als Ziel den Eisenbahnknoten Bebra. Das Wetter sei aussergewöhnlich trübe gewesen, der zielgenaue Bombenabwurf entsprechend schwierig.
Bombentreffer am Bahnhof Gerstungen nach einem Angriff am 20.07.1944
Der Angriff erfolgte in der Mittagszeit gegen 13:00 Uhr in 4 Einsätzen. Beim ersten Anflug fielen die Bomben zwischen Hönebach und Großensee in den nur 800 m von Hönebach entfernten Distrikt 49 des Wildecker Forstes. Auf einer Fläche von 15 Hektar stand nicht ein einziger Baum mehr. Zu dieser Zeit standen zwei voll beladene Munitionszüge auf dem Abstellgleis des Hönebacher Bahnhofs.
Die Bomben des zweiten Anfluges schlugen im Ascher ein bis zum hinteren Weinberg. Geschätzt wurden 60 Einschläge. Beim dritten Anflug seien mehr als 60 Bomben auf die Aue an der Werra und zwischen Werthmühle bis zu den unteren Rasen abgeworfen worden. Die Bombenlast des vierten Anfluges traf Dippach. Mehr als 20 Todesopfer, daneben eine Reihe zerstörter Gebäude, waren das Ergebnis.
Der Wassermeister von Dankmarshausen, Herr Nikolaus Eisenberg und der Elektriker, Herr Andreas Führer, waren während des Angriffs mit dem Bürgermeister, Herrn Georg Heuchel, in der Marbach. Sie wollten dort gemeinsam die Trinkwasserversorgung überprüfen. Ihren Berichten entsprechend sind die Männer sofort nach dem Angriff auf den Diesberg geeilt. Sie nahmen an, das Dorf sei schwer getroffen. Obwohl „Tausende“ von Brandgranaten abgeworfen waren, ging kein Gebäude in Flammen auf. Auf der Aue explodierten in den folgenden Stunden, immer noch Bomben mit Zeitzündern.
Sie berichteten weiter, dass die Dankmarshäuser Feuerwehr zu Hilfe nach Dippach ausrückte. Weil aber die Strasse wegen der Bombentrichter nicht zu passieren war, musste die Wehr mit der Spritze über Widdershausen fahren. Einzelne Feuerwehrleute wagten es mit noch mehreren Dorfbewohnern, durch das Trichterfeld nach Dippach zu gelangen. Danach erst wurde das Ausmass der Katastrophe von Dippach bekannt, Telefonverbindungen gab es nicht, die Leitungen waren zerstört.
Die Berichte lassen grosse Anteilnahme an den Ereignissen in Dippach erkennen. Dankmarshausen und die umliegenden Dörfer waren verschont geblieben. Trotz viel Schadens ausserhalb des Ortes, war unter den Einwohnern doch kein Menschenleben zu beklagen oder zu Schaden gekommen.
An der Beerdigung der Dippacher Opfer, sie wurden Sarg an Sarg in einem Massengrab beigesetzt, nahmen überwältigend viele Bürger auch aus den Nachbargemeinden teil. Viele waren sehr betroffen von der Grabrede des Propagandaleiters Anton Dehnert. Er wohnte in Dankmarshausen und war dort lange Jahre Volksschulehrer. Er wird zitiert: „Die Feinde, die Amerikaner, sollen wissen, dass Dippach noch genug Hände hat, um die Toten zu beerdigen“. Vielen Menschen sei damals die Schamesröte ins Gesicht gestiegen, anderen der Zorn. Tätlichkeiten gegen den Grabredner habe wohl die Angst vor der Gestapo verhindert.
Quelle: Ludwig Zimmer, Dankmarshausen – ein Heimatbuch, Seite 214, Dankmarshausen 1998
Johannes Katzmann, Hönebach nach dem Tunnelbau bis heute, Seite 132, Wildeck 1991