Reichsarbeitsdienst - Widdershausen aktuelles Projekt

Chronik Widdershausen
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Reichsarbeitsdienst

Chronik 3 > 2.Weltkrieg
Reichsarbeitsdienst 1939

 Ab 1935 wurde die Teilnahme am Reichsarbeitsdienst (RAD) für alle männlichen und weiblichen Arbeitskräfte im Alter von 18 bis 25 Jahren Pflicht. Für den Ausbau des weiblichen Arbeitsdienstes fehlten zunächst die finanziellen Mittel, um Lager ausstatten und Personal einstellen zu können. Erst ab 1939 wurden daher Mädchen zum Dienst verpflichtet. Der "Reichsarbeitsdienst der weiblichen Jugend" spielte gegenüber dem "Reichsarbeitsdienst der männlichen Jugend" eine geringere Rolle. 1934 nahmen beispielsweise nur 7347 "Arbeitsmaiden" am Arbeitsdienst teil, dagegen waren es bei den "Arbeitsmännern" 220 000.

Heinrich Koch (1919-2014) aus Widdershausen war vom 01.04.1939 bis 23.10.1939 beim Reicharbeitsdienst (RAD) verpflichtet. Er war in dieser Zeit im Reichsarbeitsdiestlager (RAD-Lager) 9/221 in Kassel-Harleshausen stationiert.
RAD-Lager Kassel Harleshausen, Vereidigung im April 1939
RAD-Lager Kassel Harleshausen, Antreten zum Rapport 1939
Der RAD hatte den Auftrag, gemeinnützige Projekte zu unterstützen. Die männlichen Angehörigen halfen besonders bei Entwässerungsarbeiten und beim Bau der Autobahnen. Der Einsatz der Mädchen im weiblichen Arbeitsdienst erfolgte fast ausschließlich in der Landwirtschaft. Hier halfen die Mädchen bei der Garten- und Feldarbeit, bei der Hausarbeit, der Versorgung des Kleinviehs, beim Melken und bei der Beaufsichtigung der Kinder.
RAD-Lager Kassel-Harleshausen 1939, Heinrich Koch (X) aus Widdershausen war hier von April bis Oktober 1939 stationiert
 Der RAD sollte zur Erziehung der Arbeitsmoral dienen und dazu beitragen, Klassengegensätze aufzuheben (Motto des RAD: "Arbeit für Dein Volk adelt Dich selbst"). Ideologisch überhöht wurde das klassenlose Leben in der Gemeinschaft sowie die befriedigende Wirkung von harter körperlicher Arbeit; letzteres wurde von manchen Jugendlichen aus höheren Schichten während ihrer Zeit beim RAD immer wieder betont. Gedacht war der Arbeitsdienst aber vor allem für arbeitslose Jugendliche, die keine Lehrstelle oder keinen Arbeitsplatz nach der Schulausbildung gefunden hatten.
RAD Lager Harleshausen Heinrich Koch aus Widdershausen im Wachanzug 1939
RAD Lager Harleshausen Heinrich Koch aus Widdershausen im Ausgehanzug 1939
Der RAD verfolgte mehrere Ziele.
1. Ein Hauptziel war die Disziplinierung der jungen Generation, deren Angehörige während der Weltwirtschaftskrise oft jahrelang arbeitslos gewesen waren. Dem entsprach die paramilitärische Struktur des RAD. Konstantin Hierl prägte schon 1934 den sehr bezeichnenden Begriff „Soldat der Arbeit“ für die Arbeitsdienstleistenden.
2. war der RAD ein Versuch, die nationalsozialistische Ideologie der Volksgemeinschaft in die Praxis umzusetzen. Konstantin Hierl hob diesen Aspekt in seinen Reden besonders hervor: "Es gibt kein besseres Mittel, die soziale Zerklüftung, den Klassenhass und den Klassenhochmut zu überwinden, als wenn der Sohn des Fabrikdirektors und der junge Fabrikarbeiter, der junge Akademiker und der Bauernknecht im gleichen Rock, bei gleicher Kost den gleichen Dienst tun als Ehrendienst für das ihnen allen gemeinsame Volk und Vaterland."
3. Die wirtschaftliche Bedeutung des Arbeitsdienstes war demgegenüber wegen mangelnder Arbeitsproduktivität gering.
4. schließlich übernahm der RAD seit 1938 zunehmend Hilfsdienste für die Wehrmacht.
RAD-Lager Kassel-Harleshausen 1939, Heinrich Koch (X) aus Widdershausen war hier von April bis Oktober 1939 stationiert
Danach war der RAD in seinen Anfängen ein Teil des nationalsozialistischen Erziehungssystems. Die Ableistung der Arbeitsdienstpflicht war Voraussetzung für die Zulassung zum Hochschulstudium. Studienbewerber, die aus gesundheitlichen Gründen als nicht arbeitsdiensttauglich gemustert worden waren, mussten einen „Studentischen Ausgleichsdienst“ ableisten, der organisatorisch bei der Reichsstudentenführung angesiedelt war.
Ein Nebeneffekt war, dass zuvor arbeitslose RAD-Angehörige nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik erfasst wurden.
§ 14 des Reichsarbeitsdienstgesetzes vom 26. Juni 1935 legte fest, dass die Zugehörigkeit zum RAD „kein Arbeits- oder Dienstverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und des § 11 der Fürsorgepflichtverordnung“ begründete. Damit galten arbeitsrechtliche Gesetze und Vorschriften über den Arbeitsschutz, das Betriebsräte- und Arbeitsgerichtsgesetz sowie das Recht auf Unterstützung im Falle einer Erkrankung nicht für den Reichsarbeitsdienst. Offenbar war ein Ziel, Jugendliche untertariflich und so billig wie möglich hohe Arbeitsleistungen erbringen zu lassen, noch dazu unter Zwang und einschüchternder militärischer Disziplin.
Der RAD überhöhte Arbeit zum „Ehrendienst“ an der „Volksgemeinschaft“. Besonders brisant und ideologisch paradox wurde dieser Anspruch dann, wenn an Projekten und Baustellen, an denen der RAD arbeitete, auch Zwangsarbeiter, Strafgefangene oder Häftlinge aus Arbeitserziehungslagern, mithin „Gemeinschaftsfremde“, eingesetzt wurden.
RAD-Lager Kassel Harleshausen, RAD-Trupp vor der Wohnbaracke 1939
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